Warum seit 1997 jedes Land der NATO beitreten kann

Die NATO-Rus­s­land-Grun­dak­te von 1997 ist ein Abkom­men, das die Beziehun­gen zwis­chen der NATO und Rus­s­land regelt und die Oster­weiterung der NATO ermöglichte. In der Akte verpflichteten sich bei­de Seit­en zur Zusam­me­nar­beit und zur Achtung der Sou­veränität ander­er Staat­en,


Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der Nordatlantikvertrags- Organisation und der Russischen Föderation

  • Bul­letin 43–97
  • 3. Juni 1997

Die Nor­dat­lantikver­trags-Organ­i­sa­tion und ihre Mit­glied­staat­en ein­er­seits und
die Rus­sis­che Föder­a­tion ander­er­seits, im fol­gen­den als NATO und Ruß­land
beze­ich­net, gestützt auf eine auf höch­ster poli­tis­ch­er Ebene einge­gan­gene
dauer­hafte poli­tis­che Verpflich­tung, wer­den gemein­sam im euro-atlantis­chen
Raum einen dauer­haften und umfassenden Frieden auf der Grund­lage der
Prinzip­i­en der Demokratie und der koop­er­a­tiv­en Sicher­heit schaf­fen.


Die NATO und Ruß­land betra­cht­en einan­der nicht als Geg­n­er. Sie ver­fol­gen
gemein­sam das Ziel, die Spuren der früheren Kon­fronta­tion und Konkur­renz zu
beseit­i­gen und das gegen­seit­ige Ver­trauen und die Zusam­me­nar­beit zu stärken.
Diese Akte bekräftigt die Entschlossen­heit der NATO und Ruß­lands, ihrer
gemein­samen Verpflich­tung zum Bau eines sta­bilen, friedlichen und ungeteil­ten,
geein­ten und freien Europas zum Nutzen aller sein­er Völk­er konkreten Aus­druck
zu ver­lei­hen. Die Über­nahme dieser Verpflich­tung auf höch­ster poli­tis­ch­er
Ebene stellt den Beginn grundle­gend neuer Beziehun­gen zwis­chen der NATO und
Ruß­land dar. Bei­de Seit­en beab­sichti­gen, auf der Grund­lage gemein­samen
Inter­ess­es, der Gegen­seit­igkeit und der Trans­parenz eine starke, sta­bile und
dauer­hafte Part­ner­schaft zu entwick­eln.


Diese Akte legt die Ziele und den Mech­a­nis­mus für Kon­sul­ta­tion,
Zusam­me­nar­beit, gemein­same Entschei­dungs­find­ung und gemein­sames Han­deln fest,
die den Kern der Beziehun­gen zwis­chen der NATO und Ruß­land bilden wer­den.


Die NATO hat eine his­torische Umwand­lung in Gang geset­zt — ein Prozeß, der
fort­ge­set­zt wird. 1991 änderte das Bünd­nis seine strate­gis­che Dok­trin, um dem
neuen Sicher­heit­sum­feld in Europa Rech­nung zu tra­gen. Im Ein­klang damit hat
die NATO ihre kon­ven­tionellen und nuk­learen Stre­itkräfte drastisch reduziert
und set­zt deren Anpas­sung fort. Während die NATO sich die Fähigkeit erhal­ten
hat, ihren Verpflich­tun­gen aus dem Wash­ing­ton­er Ver­trag nachzukom­men, hat sie
ihre poli­tis­chen Funk­tio­nen erweit­ert und wird dies auch kün­ftig tun, und sie
hat neue Auf­gaben der Friedenser­hal­tung und Krisen­be­wäl­ti­gung zur
Unter­stützung der Vere­in­ten Natio­nen (VN) und der Organ­i­sa­tion für Sicher­heit
und Zusam­me­nar­beit in Europa (OSZE), beispiel­sweise in Bosnien und
Herze­gow­ina, über­nom­men, um neuen sicher­heit­spoli­tis­chen Her­aus­forderun­gen in
enger Abstim­mung mit anderen Län­dern und inter­na­tionalen Organ­i­sa­tio­nen zu
begeg­nen. Die NATO ist gegen­wär­tig dabei, die Europäis­che Sicher­heits- und
Vertei­di­gungsi­den­tität (ESVI) inner­halb des Bünd­niss­es zu entwick­eln. Sie wird
die bre­it angelegte und dynamis­che Struk­tur der Zusam­me­nar­beit mit
OSZE-Teil­nehmer­staat­en ins­beson­dere durch die Part­ner­schaft für den Frieden
weit­er aus­bauen und arbeit­et mit Part­ner­län­dern an der Ini­tia­tive zur
Schaf­fung eines Euro-Atlantis­chen Part­ner­schaft­srates zusam­men. Die
NATO-Mit­glied­staat­en haben beschlossen, das Strate­gis­che Konzept des
Bünd­niss­es zu über­prüfen, um sicherzustellen, daß es mit der neuen Sicher­heit­slage
und den neuen Her­aus­forderun­gen in Europa voll im Ein­klang ste­ht.


Ruß­land set­zt den Auf­bau ein­er demokratis­chen Gesellschaft und die poli­tis­che
und wirtschaftliche Trans­for­ma­tion fort. Es entwick­elt das Konzept sein­er
nationalen Sicher­heit und über­prüft seine Mil­itär­dok­trin in ein­er Weise, die
gewährleis­ten soll, daß diese mit den neuen sicher­heit­spoli­tis­chen Real­itäten
voll im Ein­klang ste­hen. Ruß­land hat tiefe Ein­schnitte in seine Stre­itkräfte
vorgenom­men, in beispiel­los­er Weise Trup­pen aus den Län­dern Mit­tel- und
Osteu­ropas sowie den baltischen Staat­en abge­zo­gen und alle seine Nuk­lear­waf­fen
in sein eigenes Hoheits­ge­bi­et zurück­ge­führt. Ruß­land ist entschlossen, seine
kon­ven­tionellen und nuk­learen Stre­itkräfte weit­er zu reduzieren. Es nimmt
aktiv an friedenser­hal­tenden Oper­a­tio­nen zur Unter­stützung der VN und der OSZE
sowie an Krisen­be­wäl­ti­gung­sein­sätzen in ver­schiede­nen Regio­nen der Welt teil.
Ruß­land leis­tet einen Beitrag zu den multi­na­tionalen Stre­itkräften in Bosnien
und Herze­gow­ina.


I. GRUNDSÄTZE




Aus­ge­hend von dem Grund­satz, daß die Sicher­heit aller Staat­en in der
euro-atlantis­chen Gemein­schaft unteil­bar ist, wer­den die NATO und Ruß­land
zusam­me­nar­beit­en, um einen Beitrag dazu zu leis­ten, daß in Europa gemein­same
und umfassende Sicher­heit auf der Grund­lage des Beken­nt­niss­es zu gemein­samen
Werten, Verpflich­tun­gen und Ver­hal­tensnor­men im Inter­esse aller Staat­en
geschaf­fen wird.


Die NATO und Ruß­land wer­den zur Stärkung der Organ­i­sa­tion für Sicher­heit und
Zusam­me­nar­beit in Europa (OSZE) beitra­gen, darunter auch zur Weit­er­en­twick­lung
ihrer Rolle als eines der Hauptin­stru­mente für präven­tive Diplo­matie,
Kon­flik­tver­hü­tung, Krisen­be­wäl­ti­gung, Nor­mal­isierungs­maß­nah­men nach einem
Kon­flikt und regionale Sicher­heit­szusam­me­nar­beit, und die Verbesserung ihrer
oper­a­tionellen Fähigkeit­en zur Durch­führung dieser Auf­gaben unter­stützen. Der
OSZE als einziger gesam­teu­ropäis­ch­er Sicher­heit­sor­gan­i­sa­tion kommt eine
Schlüs­sel­rolle für Frieden und Sta­bil­ität in Europa
zu. Im Zuge der Stärkung der OSZE wer­den die NATO und Ruß­land
zusam­me­nar­beit­en, um jede Möglichkeit ein­er Rück­kehr zu einem Europa der
Spal­tung und Kon­fronta­tion oder der Isolierung irgen­deines Staates
auszuschließen.


Im Ein­klang mit der Arbeit der OSZE an einem gemein­samen und umfassenden
Sicher­heitsmod­ell für Europa im 21. Jahrhun­dert und unter Berück­sich­ti­gung der
Beschlüsse des Liss­abon­ner Gipfels betr­e­f­fend eine Europäis­che
Sicher­heitschar­ta wer­den die NATO und Ruß­land eine möglichst umfassende
Zusam­me­nar­beit unter den Teil­nehmer­staat­en der OSZE mit dem Ziel
anstreben, in Europa einen gemein­samen Sicher­heits- und Sta­bil­ität­sraum ohne
Trennlin­ien oder Ein­flußsphären zu schaf­fen, die die Sou­veränität irgen­deines
Staates ein­schränken.


Die NATO und Ruß­land gehen von der Voraus­set­zung aus, daß das gemein­same Ziel
der Stärkung von Sicher­heit und Sta­bil­ität im euro-atlantis­chen Raum zum
Nutzen aller Staat­en eine Antwort auf neue Risiken und Her­aus­forderun­gen
erfordert, wie zum Beispiel aggres­siv­en Nation­al­is­mus, die Ver­bre­itung
nuk­lear­er, biol­o­gis­ch­er und chemis­ch­er Waf­fen, Ter­ror­is­mus, die sys­tem­a­tis­che
Ver­let­zung der Men­schen­rechte und der Rechte von Per­so­n­en, die nationalen
Min­der­heit­en ange­hören, sowie ungelöste Gebi­etsstre­it­igkeit­en, die eine
Bedro­hung für unser aller Frieden, Wohl­stand und Sta­bil­ität darstellen.


Diese Akte ist nicht so auszule­gen, als berühre sie die Hauptver­ant­wor­tung
des VN-Sicher­heit­srates für die Wahrung des Welt­friedens und der
inter­na­tionalen Sicher­heit oder die Rolle der OSZE als der alle
ein­schließen­den und umfassenden Organ­i­sa­tion für Kon­sul­ta­tio­nen,
Entschei­dung­sprozesse und Zusam­me­nar­beit in ihrem Raum und als regionale
Abmachung nach Kapi­tel VIII der Char­ta der Vere­in­ten Natio­nen.


Bei der Umset­zung dieser Akte wer­den die NATO und Ruß­land ihre
Verpflich­tun­gen nach dem Völk­er­recht und aus inter­na­tionalen Übereinkün­ften,
ein­schließlich der Verpflich­tun­gen aus der Char­ta der Vere­in­ten Natio­nen und
der All­ge­meinen Erk­lärung der Men­schen­rechte sowie der Schlußak­te von Helsin­ki
und der späteren OSZE-Doku­mente, darunter der Char­ta von Paris und der auf dem
Liss­abon­ner OSZE-Gipfel angenomme­nen Doku­mente, gewis­senhaft ein­hal­ten.


Zur Ver­wirk­lichung der Ziele dieser Akte verpflicht­en sich die NATO und
Ruß­land gemein­sam dazu, ihre Beziehun­gen an fol­gen­den Grund­sätzen
auszuricht­en:


- Auf­bau ein­er starken, sta­bilen, dauer­haften und gle­ich­berechtigten
Part­ner­schaft und der Zusam­me­nar­beit auf der Grund­lage der Trans­parenz mit dem
Ziel, die Sicher­heit und Sta­bil­ität im euro-atlantis­chen Raum zu stärken;


- Anerken­nung der Schlüs­sel­rolle, die Demokratie, poli­tis­ch­er Plu­ral­is­mus,
Rechtsstaatlichkeit und die Achtung der Men­schen­rechte und bürg­er­lichen
Frei­heit­en sowie die Ent­fal­tung freier Mark­twirtschaften für die Schaf­fung all­ge­meinen
Wohl­stands und umfassender Sicher­heit spie­len;


- Verzicht auf die Andro­hung oder Anwen­dung von Gewalt gegeneinan­der oder
gegen irgen­deinen anderen Staat,
seine Sou­veränität, ter­ri­to­ri­ale Unversehrtheit oder poli­tis­che
Unab­hängigkeit in ein­er Weise, die mit der Char­ta der Vere­in­ten Natio­nen oder
der in der Schlußak­te von Helsin­ki enthal­te­nen Erk­lärung über die Prinzip­i­en,
die die Beziehun­gen der Teil­nehmer­staat­en leit­en, unvere­in­bar ist;


- Achtung der Sou­veränität, Unab­hängigkeit und ter­ri­to­ri­alen Unversehrtheit
aller Staat­en sowie ihres naturgegebe­nen Recht­es, die Mit­tel zur
Gewährleis­tung ihrer eige­nen Sicher­heit sowie der Unver­let­zlichkeit von
Gren­zen und des Selb­st­bes­tim­mungsrechts der Völk­er, wie es in der Schlußak­te
von Helsin­ki und anderen OSZE-Doku­menten ver­ankert ist, selb­st zu wählen;


- gegen­seit­ige Trans­parenz bei der Ausar­beitung und Umset­zung
vertei­di­gungspoli­tis­ch­er und mil­itärisch­er Dok­tri­nen;


- Ver­hü­tung von Kon­flik­ten und Bei­le­gung von Stre­it­igkeit­en durch friedliche
Mit­tel im Ein­klang mit den Prinzip­i­en der VN und der OSZE;


- Unter­stützung friedenser­hal­tender Oper­a­tio­nen von Fall zu Fall, die unter
der Autorität des VN-Sicher­heit­srates oder der Ver­ant­wor­tung der OSZE
durchge­führt wer­den.


II. MECHANISMUS FÜR KONSULTATION UND ZUSAMMENARBEIT — DER STÄNDIGE GEMEINSAME NATO-RUSSLAND-RAT




Zur Umset­zung der Aktiv­itäten und Ziele dieser Akte und
zur Entwick­lung gemein­samer Ansätze bei europäis­chen Sicher­heit­sprob­le­men und
poli­tis­chen Fra­gen wer­den die NATO und Ruß­land den Ständi­gen Gemein­samen
NATO-Ruß­land-Rat ein­richt­en. Haup­tauf­gabe dieses Ständi­gen Gemein­samen Rates
wird es sein, immer mehr Ver­trauen zu bilden, ein­heitliche Ziele zu
for­mulieren und die Prax­is ständi­ger Kon­sul­ta­tion und Zusam­me­nar­beit zwis­chen
der NATO und Ruß­land zu entwick­eln, um die Sicher­heit der jew­eils anderen
Seite und die aller Staat­en im euro-atlantis­chen Raum zu verbessern, ohne die
Sicher­heit eines Staates zu beein­trächti­gen. Im Falle von
Mei­n­ungsver­schieden­heit­en wer­den die NATO und Ruß­land sich bemühen, diese auf
der Grund­lage des Prinzips des guten Wil­lens und des gegen­seit­i­gen Respek­ts im
Rah­men poli­tis­ch­er Kon­sul­ta­tio­nen beizule­gen.


Mit dem Ständi­gen Gemein­samen Rat wird ein Mech­a­nis­mus für Kon­sul­ta­tion,
Koor­di­na­tion und, im größt­möglichen Umfang, wo dies ange­bracht ist, für
gemein­same Entschei­dun­gen und gemein­sames Han­deln in bezug auf
Sicher­heits­fra­gen von bei­der­seit­igem Inter­esse geschaf­fen. Die Kon­sul­ta­tio­nen
erstreck­en sich nicht auf innere Angele­gen­heit­en der NATO, der
NATO-Mit­glied­staat­en oder Ruß­lands.


Das gemein­same Ziel der NATO und Ruß­lands ist es, so viele Gele­gen­heit­en wie
möglich für gemein­sames Han­deln aufzuzeigen und zu ver­fol­gen. Sie gehen davon
aus, daß sich im Zuge des weit­eren Aus­baus der Beziehun­gen weit­ere
Möglichkeit­en für gemein­sames Han­deln ergeben wer­den.


Der Ständi­ge Gemein­same Rat wird das wichtig­ste Forum für Kon­sul­ta­tio­nen
zwis­chen der NATO und Ruß­land in Krisen­zeit­en oder in bezug auf jede andere
Sit­u­a­tion bilden, die den Frieden und die Sta­bil­ität berührt. Zusät­zlich zu
den ordentlichen Sitzun­gen find­en außeror­dentliche Sitzun­gen des Rates statt,
um in Not­si­t­u­a­tio­nen umge­hende Kon­sul­ta­tio­nen zu ermöglichen. In diesem
Zusam­men­hang wer­den die NATO und Ruß­land umge­hend Kon­sul­ta­tio­nen inner­halb des
Ständi­gen Gemein­samen Rates durch­führen, falls eines der Mit­glieder des Rates
eine Bedro­hung sein­er ter­ri­to­ri­alen Unversehrtheit, poli­tis­chen Unab­hängigkeit
oder Sicher­heit zu erken­nen glaubt.


Die Aktiv­itäten des Ständi­gen Gemein­samen Rates wer­den sich an den
Grund­sätzen der Gegen­seit­igkeit und der Trans­parenz aus­richt­en. Im Zuge ihrer
Kon­sul­ta­tio­nen und ihrer Zusam­me­nar­beit wer­den die NATO und Ruß­land einan­der
über die jew­eili­gen sicher­heits­be­zo­ge­nen Her­aus­forderun­gen, denen sie sich
gegenüberse­hen, sowie über die Maß­nah­men unter­richt­en, die jede Seite zu
tre­f­fen gedenkt, um ihnen zu begeg­nen.


Die Bes­tim­mungen dieser Akte räu­men der NATO oder Ruß­land in kein­er­lei
Hin­sicht ein Vetorecht über die Hand­lun­gen der jew­eils anderen Seite ein, noch
beein­trächti­gen oder beschränken sie die Rechte der NATO oder Ruß­lands auf
unab­hängige Entschei­dungs­find­ung und unab­hängiges Han­deln. Sie dür­fen nicht
als Mit­tel zur Beein­träch­ti­gung der Inter­essen ander­er Staat­en dienen.


Der Ständi­ge Gemein­same Rat tagt auf ver­schiede­nen Ebe­nen und in
unter­schiedlich­er Zusam­menset­zung, je nach The­ma und den Wün­schen der NATO und
Ruß­lands. Der Ständi­ge Gemein­same Rat tagt zweimal jährlich auf der Ebene der
Außen­min­is­ter und auf der Ebene der Vertei­di­gungsmin­is­ter sowie monatlich auf
der Ebene der Botschafter/Ständigen Vertreter beim Nor­dat­lantikrat.


Der Ständi­ge Gemein­same Rat kann, wenn ange­bracht, auch auf der Ebene der
Staats- und Regierungschefs tagen.


Der Ständi­ge Gemein­same Rat kann zu einzel­nen The­men oder Gebi­eten der
Zusam­me­nar­beit ständi­ge oder Ad-hoc-Auss­chüsse oder ‑Arbeits­grup­pen bilden,
wenn dies ange­bracht erscheint.


Auch mil­itärische Vertreter und Stab­schefs tagen im Rah­men des Ständi­gen
Gemein­samen Rates; Sitzun­gen der Stab­schefs find­en min­destens zweimal jährlich
statt, und die mil­itärischen Vertreter tagen eben­falls monatlich. Sitzun­gen
von Mil­itär­ex­perten kön­nen gegebe­nen­falls ein­berufen wer­den.


Den Vor­sitz im Ständi­gen Gemein­samen Rat führen gemein­sam der Gen­er­alsekretär
der NATO, ein nach dem Rota­tion­sprinzip bes­timmter Vertreter eines der
NATO-Mit­glied­staat­en und ein Vertreter Ruß­lands.


Zur Unter­stützung der Arbeit des Ständi­gen Gemein­samen Rates wer­den die NATO
und Ruß­land die erforder­lichen Ver­wal­tungsstruk­turen schaf­fen.


Ruß­land wird eine Vertre­tung bei der NATO ein­richt­en, die von einem Vertreter
im Botschafter­rang geleit­et wird. Der Vertre­tung wird für die Zwecke der
mil­itärischen Zusam­me­nar­beit ein hochrangiger mil­itärisch­er Vertreter neb­st
Stab angegliedert. Die NATO behält sich die Möglichkeit vor, eine angemessene
Präsenz in Moskau zu schaf­fen, deren Modal­itäten noch festzule­gen sind.


Die Tage­sor­d­nung für ordentliche Sitzun­gen wird gemein­sam aufgestellt. Für
den Ständi­gen Gemein­samen Rat wer­den organ­isatorische Vorkehrun­gen und eine
Geschäft­sor­d­nung erar­beit­et. Diese Vorkehrun­gen wer­den bis zur
kon­sti­tu­ieren­den Sitzung des Ständi­gen Gemein­samen Rates getrof­fen, die
spätestens vier Monate nach Unterze­ich­nung dieser Akte stat­tfind­et.


Der Ständi­ge Gemein­same Rat wird sich mit drei ver­schiede­nen Tätigkeit­en
befassen:


- Kon­sul­ta­tio­nen über die in Abschnitt III genan­nten The­men sowie jede andere
im bei­der­seit­i­gen Ein­vernehmen fest­gelegte poli­tis­che oder
sicher­heit­spoli­tis­che Frage;


- auf der Grund­lage dieser Kon­sul­ta­tio­nen Entwick­lung gemein­samer
Ini­tia­tiv­en, bei denen die NATO und Ruß­land sich auf abges­timmte
Sprachregelun­gen oder ein abges­timmtes Vorge­hen eini­gen;


- nach Her­stel­lung eines Kon­sens­es im Zuge der Kon­sul­ta­tion, von Fall zu Fall
gemein­same Entschei­dun­gen und gemein­sames Han­deln, darunter die angemessene
Teil­nahme an der Pla­nung und Vor­bere­itung gemein­samer Oper­a­tio­nen
ein­schließlich friedenser­hal­tender Oper­a­tio­nen unter der Autorität des
VN-Sicher­heit­srates oder der Ver­ant­wor­tung der OSZE.


Alle von der NATO oder Ruß­land gemein­sam oder einzeln getrof­fe­nen Maß­nah­men
müssen mit der Char­ta der Vere­in­ten Natio­nen und den Leit­prinzip­i­en der OSZE
im Ein­klang ste­hen.


In der Erken­nt­nis, daß es wichtig ist, die Kon­tak­te zwis­chen den
geset­zgeben­den Kör­per­schaften der Teil­nehmer­staat­en dieser Akte zu ver­tiefen,
wer­den die NATO und Ruß­land auch eine Erweiterung des Dialogs und der
Zusam­me­nar­beit zwis­chen der Bun­desver­samm­lung der Rus­sis­chen Föder­a­tion und
der Nor­dat­lantis­chen Ver­samm­lung anre­gen.


III. BEREICHE FÜR KONSULTATION UND ZUSAMMENARBEIT




Beim Aus­bau ihrer Beziehun­gen wer­den sich die NATO und Ruß­land auf konkrete
Bere­iche von bei­der­seit­igem Inter­esse konzen­tri­eren. In fol­gen­den Bere­ichen
wer­den sie einan­der möglichst umfassend kon­sul­tieren und sich um
Zusam­me­nar­beit bemühen:


- Fra­gen von gemein­samem Inter­esse, die die Sicher­heit und Sta­bil­ität im
euro-atlantis­chen Raum oder konkrete Krisen betr­e­f­fen, ein­schließlich des
Beitrags der NATO und Ruß­lands zu Sicher­heit und Sta­bil­ität in diesem Raum;


- Kon­flik­tver­hü­tung ein­schließlich vor­beu­gen­der Diplo­matie, Krisen­be­wäl­ti­gung
und Kon­flik­t­bei­le­gung unter Berück­sich­ti­gung der Rolle und Ver­ant­wor­tung der
VN und der OSZE sowie der Arbeit dieser Organ­i­sa­tio­nen in diesen Bere­ichen;


- von Fall zu Fall gemein­same Oper­a­tio­nen ein­schließlich friedenser­hal­tender
Oper­a­tio­nen unter der Autorität des VN-Sicher­heit­srates oder der Ver­ant­wor­tung
der OSZE sowie, falls dabei Alli­ierte Stre­itkräftekom­man­dos (CJTF) zum Ein­satz
kom­men soll­ten, frühzeit­ige Teil­nahme daran;


- Beteili­gung Ruß­lands an dem Euro-Atlantis­chen Part­ner­schaft­srat und der
Part­ner­schaft für den Frieden;


- Infor­ma­tion­saus­tausch und Kon­sul­ta­tio­nen über Strate­gie,
Vertei­di­gungspoli­tik, die Mil­itär­dok­tri­nen der NATO und Ruß­lands sowie über
Haushalte und Infra­struk­turen­twick­lung­spro­gramme;


- Rüs­tungskon­trollthe­men;


- das gesamte Spek­trum von Fra­gen der nuk­learen Sicher­heit;


- Ver­hin­derung der Ver­bre­itung nuk­lear­er, biol­o­gis­ch­er und chemis­ch­er Waf­fen
und ihrer Ein­satzmit­tel, Bekämp­fung des Nuk­learschmuggels sowie Stärkung der
Zusam­me­nar­beit in konkreten Rüs­tungskon­troll­bere­ichen ein­schließlich der
poli­tis­chen und vertei­di­gungspoli­tis­chen Aspek­te der Ver­bre­itung;


- mögliche Zusam­me­nar­beit auf dem Gebi­et der Abwehr tak­tis­ch­er Flugkör­p­er;


- Verbesserung der regionalen Luftverkehrssicher­heit, Erhöhung der
Luftverkehrska­paz­itäten und Ver­stärkung des wech­sel­seit­i­gen Aus­tauschs, soweit
ange­bracht, zur Förderung von Ver­trauen durch ver­stärk­te Maß­nah­men der
Trans­parenz und des Infor­ma­tion­saus­tauschs betr­e­f­fend Luftvertei­di­gung und
damit zusam­men­hän­gende Aspek­te der Luftraum­regelung/-kon­trolle. Hierzu gehört
auch die Prü­fung der Möglichkeit ein­er Zusam­me­nar­beit in geeigneten
Luftvertei­di­gungs­fra­gen;


- Verbesserung der Trans­parenz, der Berechen­barkeit und des gegen­seit­i­gen
Ver­trauens betr­e­f­fend den Umfang und die Auf­gaben der kon­ven­tionellen
Stre­itkräfte der NATO-Mit­glied­staat­en und Ruß­lands;


- wech­sel­seit­iger Aus­tausch, soweit ange­bracht, über Fra­gen betr­e­f­fend
Nuk­lear­waf­fen ein­schließlich Dok­tri­nen und Strate­gien der NATO und Ruß­lands;


- Koor­dinierung eines Pro­gramms der erweit­erten Zusam­me­nar­beit zwis­chen den
jew­eili­gen Mil­itär­be­hör­den, wie weit­er unten aus­ge­führt;


- Ver­fol­gung ein­er möglichen Rüs­tungszusam­me­nar­beit durch die Assozi­ierung
Ruß­lands mit der Kon­ferenz der Nationalen Rüs­tungs­di­rek­toren der NATO;


- Kon­ver­sion von Vertei­di­gungsin­dus­trien;


- Entwick­lung von bei­der­seits vere­in­barten Koop­er­a­tionsvorhaben mit
vertei­di­gungspoli­tis­chen Bezü­gen in den Bere­ichen Wirtschaft, Umwelt und
Wis­senschaft;


- Durch­führung gemein­samer Ini­tia­tiv­en und Übun­gen im Ziv­il- und
Katas­tro­phen­schutz;


- Bekämp­fung des Ter­ror­is­mus und des Dro­gen­han­dels;


- Verbesserung des Ver­ständ­niss­es in der Öffentlichkeit
für die sich entwick­el­nden Beziehun­gen zwis­chen der NATO und Ruß­land, wozu
auch die Ein­rich­tung eines NATO-Doku­men­ta­tion­szen­trums oder ‑Infor­ma­tions­büros
in Moskau gehört.


Weit­ere Bere­iche kön­nen im gegen­seit­i­gen Ein­vernehmen hinzuge­fügt wer­den.


IV. POLITISCH-MILITÄRISCHE ANGELEGENHEITEN



Die NATO und Ruß­land bekräfti­gen ihren gemein­samen Wun­sch, mehr Sta­bil­ität
und Sicher­heit im euro-atlantis­chen Raum zu erre­ichen.


Die Mit­glied­staat­en der NATO wieder­holen, daß sie nicht die Absicht, keine
Pläne und auch keinen Anlaß haben, nuk­leare Waf­fen im Hoheits­ge­bi­et neuer
Mit­glieder zu sta­tion­ieren, noch die Notwendigkeit sehen, das
Nuk­leardis­pos­i­tiv oder die Nuk­lear­poli­tik der NATO in irgen­deinem Punkt zu
verän­dern — und dazu auch in Zukun­ft kein­er­lei Notwendigkeit sehen. Dies
schließt die Tat­sache ein, daß die NATO entsch­ieden hat, sie habe nicht die
Absicht, keine Pläne und auch keinen Anlaß, nuk­leare Waf­fen­lager im
Hoheits­ge­bi­et dieser Mit­glied­staat­en einzuricht­en, sei es durch den Bau neuer
oder die Anpas­sung beste­hen­der Nuk­lear­lager­stät­ten. Als nuk­leare Waf­fen­lager
gel­ten Ein­rich­tun­gen, die eigens für die Sta­tion­ierung von Nuk­lear­waf­fen
vorge­se­hen sind; sie umfassen alle Typen gehärteter ober- oder unterirdis­ch­er
Ein­rich­tun­gen (Lager­bunker oder ‑gewölbe), die für die Lagerung von
Nuk­lear­waf­fen bes­timmt sind.


Im Bewußt­sein der Bedeu­tung der Anpas­sung des Ver­trags über die
kon­ven­tionellen Stre­itkräfte in Europa (KSE-Ver­trag) für den größeren
Zusam­men­hang der Sicher­heit im OSZE-Raum und für die Arbeit an einem
gemein­samen und umfassenden Sicher­heitsmod­ell für das Europa im 21.
Jahrhun­dert wer­den die Mit­glied­staat­en der NATO und Ruß­land in Wien mit den
anderen Ver­tragsstaat­en zusam­me­nar­beit­en, um den KSE-Ver­trag zur Verbesserung
sein­er Funk­tions­fähigkeit und Wirk­samkeit anzu­passen, wobei das sich
verän­dernde europäis­che Sicher­heit­sum­feld und die legit­i­men
Sicher­heitsin­ter­essen aller OSZE-Teil­nehmer­staat­en zu berück­sichti­gen sind.
Sie sind sich einig in dem Ziel, so rasch wie möglich ein
Anpas­sungsübereinkom­men zu schließen, und wer­den als einen ersten Schritt auf
diesem Weg gemein­sam mit den anderen KSE-Ver­tragsstaat­en auf den möglichst
baldigen Abschluß ein­er Rah­men­vere­in­barung hin­wirken, in der die Grun­dele­mente
eines angepaßten KSE-Ver­trags im Ein­klang mit den Zie­len und Prinzip­i­en des
Doku­ments über Umfang und Para­me­ter, das im Dezem­ber 1996 in Liss­abon
ver­ab­schiedet wurde, enthal­ten sind.


Die NATO und Ruß­land sind der Auf­fas­sung, daß ein wichtiges Ziel der
KSE-Ver­tragsan­pas­sung in ein­er deut­lichen, mit den legit­i­men
Vertei­di­gungser­fordernissen jedes Ver­tragsstaats vere­in­baren Ver­ringerung des
Gesam­tum­fangs der durch den Ver­trag begren­zten Aus­rüs­tun­gen, die im
Anwen­dungs­ge­bi­et des Ver­trags erlaubt sind, beste­ht. Die NATO und Ruß­land
ermuti­gen alle KSE-Ver­tragsstaat­en, eine Ver­ringerung ihrer Ober­gren­zen für
durch den Ver­trag begren­zte Aus­rüs­tun­gen als Teil der umfassenderen Bemühun­gen
um niedrigere Ober­gren­zen für Aus­rüs­tun­gen, die mit der Verän­derung des
europäis­chen Sicher­heit­sum­felds im Ein­klang ste­hen, zu erwä­gen.


Die Mit­glied­staat­en der NATO und Ruß­land verpflicht­en sich, während der
Ver­hand­lun­gen, wie in dem Doku­ment über Umfang und Para­me­ter vorge­se­hen,
Zurück­hal­tung zu üben hin­sichtlich der gegen­wär­ti­gen Dis­pos­i­tive und
Fähigkeit­en ihrer kon­ven­tionellen Stre­itkräfte, ins­beson­dere in bezug auf ihre
Stre­itkräfteniveaus und Dis­lozierun­gen im Anwen­dungs­ge­bi­et des Ver­trags, um
Entwick­lun­gen der Sicher­heit­slage in Europa zu ver­mei­den, die die Sicher­heit
irgen­deines Ver­tragsstaats beein­trächti­gen kön­nen. Mögliche frei­willige
Entschei­dun­gen einzel­ner Ver­tragsstaat­en, ihre Stre­itkräfteniveaus oder
Dis­lozierun­gen zu ver­ringern, sowie ihre legit­i­men Sicher­heitsin­ter­essen
bleiben durch diese Verpflich­tung unberührt.


Die Mit­glied­staat­en der NATO und Ruß­land gehen davon aus, daß die Anpas­sung
des KSE-Ver­trags dazu beitra­gen sollte, gle­iche Sicher­heit für alle
Ver­tragsstaat­en unab­hängig von ihrer Mit­glied­schaft in einem
poli­tisch-mil­itärischen Bünd­nis zu gewährleis­ten, um sowohl die Sta­bil­ität zu
wahren und zu stärken als auch weit­er­hin jede desta­bil­isierende Erhöhung der
Zahl der Stre­itkräfte in ver­schiede­nen Regio­nen Europas und in Europa
ins­ge­samt zu ver­hin­dern. Ein angepaßter
KSE-Ver­trag sollte fern­er durch erweit­erte Infor­ma­tion­saus­tausch- und
Ver­i­fika­tion­s­maß­nah­men die mil­itärische Trans­parenz verbessern und den
Beitritt neuer Ver­tragsstaat­en ermöglichen.


Die Mit­glied­staat­en der NATO und Ruß­land schla­gen anderen KSE-Ver­tragsstaat­en
vor, eine Anpas­sung des KSE-Ver­trags in der Weise vorzunehmen, daß die
Ver­tragsstaat­en durch einen trans­par­enten und koop­er­a­tiv­en Prozeß zu
Schluß­fol­gerun­gen über Reduzierun­gen gelan­gen, die sie durchzuführen bere­it
wären, sowie über die sich ergeben­den nationalen Ober­gren­zen für durch den
Ver­trag begren­zte Aus­rüs­tun­gen. Diese wer­den dann in dem von allen
Ver­tragsstaat­en im Kon­sens zu vere­in­baren­den angepaßten Ver­trag verbindlich
fest­geschrieben und im Jahr 2001 und danach in Abstän­den von jew­eils fünf
Jahren über­prüft. Dabei wer­den die Ver­tragsstaat­en alle für den Raum vom
Atlantik bis zum Ural durch den ursprünglichen KSE-Ver­trag bes­timmten
Ober­gren­zen für durch den Ver­trag begren­zte Aus­rüs­tun­gen, die sei­ther
durchge­führten sub­stantiellen Reduzierun­gen, die Verän­derun­gen der Lage in
Europa und das Erforder­nis berück­sichti­gen, daß die Sicher­heit keines Staates
ver­ringert wird.


Die Mit­glied­staat­en der NATO und Ruß­land bekräfti­gen, daß die Ver­tragsstaat­en
einzeln oder in Gemein­schaft mit anderen nur diejeni­gen mil­itärischen
Kapaz­itäten aufrechter­hal­ten soll­ten, die mit indi­vidu­ellen oder kollek­tiv­en
legit­i­men Sicher­heits­bedürfnis­sen unter Berück­sich­ti­gung ihrer inter­na­tionalen
Verpflich­tun­gen ein­schließlich des KSE-Ver­trags vere­in­bar sind.


Jed­er Ver­tragsstaat wird sein­er Zus­tim­mung zu den Bes­tim­mungen des angepaßten
KSE-Ver­trags über alle nationalen Ober­gren­zen der Ver­tragsstaat­en seine
Ein­schätzung der gegen­wär­ti­gen und kün­fti­gen Sicher­heit­slage in Europa
zugrunde leg­en.


Darüber hin­aus wer­den die Mit­glied­staat­en der NATO und Ruß­land in den
Ver­hand­lun­gen über eine Anpas­sung des KSE-Ver­trags gemein­sam mit anderen
Ver­tragsstaat­en darauf hin­wirken, die Sta­bil­ität durch die Weit­er­en­twick­lung
von Maß­nah­men zu stärken, die darauf abzie­len, jeden poten­tiell gefährlichen
Aufwuchs kon­ven­tioneller Stre­itkräfte in vere­in­barten Regio­nen Europas
ein­schließlich Mit­tel- und Osteu­ropas zu ver­hin­dern.


Die NATO und Ruß­land haben ihre Absicht­en in bezug auf ihre kon­ven­tionellen
Stre­itkräfte­dis­pos­i­tive in dem neuen europäis­chen Sicher­heit­sum­feld
klargestellt und sind bere­it, einan­der im Rah­men des Ständi­gen Gemein­samen
Rates über die Entwick­lung dieser Dis­pos­i­tive zu kon­sul­tieren.


Die NATO wieder­holt, daß das Bünd­nis in dem gegen­wär­ti­gen und vorherse­hbaren
Sicher­heit­sum­feld seine kollek­tive Vertei­di­gung und andere Auf­gaben eher
dadurch wahrn­immt, daß es die erforder­liche Inter­op­er­abil­ität, Inte­gra­tion und
Fähigkeit zur Ver­stärkung gewährleis­tet, als daß es zusät­zlich sub­stantielle
Kampftrup­pen dauer­haft sta­tion­iert. Das Bünd­nis wird sich dementsprechend auf
eine angemessene, den genan­nten Auf­gaben gerecht wer­dende Infra­struk­tur
stützen müssen. In diesem Zusam­men­hang kön­nen, falls erforder­lich,
Ver­stärkun­gen erfol­gen für den Fall der Vertei­di­gung gegen eine
Aggres­sions­dro­hung und für Mis­sio­nen zur Stützung des Friedens im Ein­klang mit
der Char­ta der Vere­in­ten Natio­nen und den Leit­prinzip­i­en der OSZE sowie für
Übun­gen im Ein­klang mit dem angepaßten KSE-Ver­trag, den Bes­tim­mungen des
Wiener Doku­ments von 1994 sowie gegen­seit­ig vere­in­barten Trans­parenz­maß­nah­men.
Ruß­land wird sich bei der Dis­lozierung kon­ven­tioneller Stre­itkräfte in Europa
entsprechende Zurück­hal­tung aufer­legen.


Die Mit­glied­staat­en der NATO und Ruß­land wer­den sich um mehr Trans­parenz,
Berechen­barkeit und gegen­seit­iges Ver­trauen in bezug auf ihre Stre­itkräfte
bemühen. Sie wer­den ihre Verpflich­tun­gen aus dem Wiener Doku­ment von 1994 in
vollem Umfang erfüllen und die Zusam­me­nar­beit mit den anderen
OSZE-Teil­nehmer­staat­en aus­bauen, ein­schließlich Ver­hand­lun­gen in geeignetem
Rah­men, unter anderem inner­halb der OSZE, um Ver­trauen und Sicher­heit zu
fördern.


Die Mit­glied­staat­en der NATO und Ruß­land wer­den beste­hende
Rüs­tungskon­trol­lvere­in­barun­gen und ver­trauens­bildende Maß­nah­men nutzen und
verbessern, um auf friedliche Zusam­me­nar­beit gegrün­dete Sicher­heits­beziehun­gen
herzustellen.


Die NATO und Ruß­land wer­den die poli­tisch-mil­itärischen Kon­sul­ta­tio­nen und
Koop­er­a­tions­maß­nah­men durch den Ständi­gen Gemein­samen Rat mit Hil­fe eines
verbesserten Dialogs zwis­chen den ober­sten Mil­itär­be­hör­den der NATO und ihrer
Mit­glied­staat­en sowie Ruß­lands erweit­ern. Sie wer­den ein Pro­gramm zur
wesentlichen Erweiterung der mil­itärischen Aktiv­itäten und der prak­tis­chen
Zusam­me­nar­beit zwis­chen der NATO und Ruß­land auf allen Ebe­nen durch­führen. Im
Ein­klang mit den Grund­sätzen des Ständi­gen Gemein­samen Rates wird sich dieser
ver­stärk­te Dia­log im mil­itärischen Bere­ich auf das Prinzip stützen, daß keine
Partei die andere als Bedro­hung betra­chtet oder deren Sicher­heit zu
beein­trächti­gen sucht. Der ver­stärk­te Dia­log im mil­itärischen Bere­ich wird
regelmäßig anzuset­zende wech­sel­seit­ige Unter­rich­tun­gen über die Mil­itär­dok­trin
der NATO und Ruß­lands, über Strate­gien und die sich daraus ergeben­den
Stre­itkräfte­dis­pos­i­tive sowie bre­it angelegte Möglichkeit­en für gemein­same
Übun­gen und Aus­bil­dungs­maß­nah­men umfassen.


Zur Unter­stützung dieses verbesserten Dialogs und der mil­itärischen
Kom­po­nen­ten des Ständi­gen Gemein­samen Rates wer­den die NATO und Ruß­land auf
der Grund­lage der Gegen­seit­igkeit und weit­er­er bei­der­seit­iger Absprachen
mil­itärische Verbindungsstäbe auf ver­schiede­nen Ebe­nen ein­richt­en.


Zum Aus­bau ihrer Part­ner­schaft und um sicherzustellen, daß diese
Part­ner­schaft sich in möglichst hohem Maße auf prak­tis­che Aktiv­itäten und
direk­te Zusam­me­nar­beit stützt, wer­den die jew­eili­gen Mil­itär­be­hör­den der NATO
und Ruß­lands die Möglichkeit ein­er Weit­er­en­twick­lung eines Konzepts für
gemein­same friedenser­hal­tende Oper­a­tio­nen der NATO und Ruß­lands prüfen. Diese
Ini­tia­tive sollte von der pos­i­tiv­en Erfahrung der Zusam­me­nar­beit in Bosnien
und Herze­gow­ina aus­ge­hen; die Lehren, die aus diesem Ein­satz gezo­gen wur­den,
wer­den in die Schaf­fung der Alli­ierten Stre­itkräftekom­man­dos (CJTF)
einge­bracht.


* * *


Diese Akte tritt am Tag ihrer Unterze­ich­nung in Kraft.


Freie Bündniswahl von NATO und Russischer Föderation

Die NATO-Rus­s­land-Grun­dak­te betont, dass sie wed­er die Entschei­dungs­frei­heit der NATO noch Rus­s­lands ein­schränkt und kein Vetorecht für eine der Parteien über die Hand­lun­gen der anderen vor­sieht. Die Erweiterung der NATO wird also nicht eingeschränkt, son­dern es wer­den ver­trauens­bildende Maß­nah­men vere­in­bart, um Span­nun­gen im Zusam­men­hang mit neuen Mit­gliedsstaat­en zu min­imieren.

Zusät­zlich wer­den in der Präam­bel und in Abschnitt I (Grund­sätze) der Grun­dak­te das Prinzip der Sou­veränität und das Recht jedes Staates betont, die Mit­tel zur Sicherung sein­er eige­nen Sicher­heit frei zu wählen, was impliz­it die Möglichkeit der Auf­nahme neuer Mit­gliedsstaat­en in die NATO ein­schließt, ohne dass dies expliz­it eingeschränkt wird.


Widersprüche Putins

Einige klare Belege dafür, wann und wo Wladimir Putin im Zusam­men­hang mit der Ukraine die NATO-Oster­weiterung expliz­it erwäh­nt hat:

Münchner Sicherheitskonferenz 2007

Putin bezog sich auf ange­bliche Garantien gegen NATO-Erweiterung und sagte:

„Die Garantien, die uns gegeben wur­den, wur­den nicht einge­hal­ten. Ist das nor­mal?“
Er kri­tisierte das Wort von Außen­min­is­ter Gen­sch­er und US-Außen­min­is­ter James Bak­er aus 1990
.”

Bucharest-Gipfel 2008

Putin kri­tisierte auf dem NATO-Gipfel in Bukarest 2008, dass die Öff­nung der Beitrittsver­hand­lun­gen mit Ukraine und Georgien eine “rote Lin­ie” über­schre­it­et. Laut Wikipedia dro­hte er Bericht­en zufolge sog­ar mit Annex­ion, sollte die Ukraine der NATO beitreten.

Rede zur Ukraine – 21. Februar 2022

In sein­er Ankündi­gung der „Spezial­op­er­a­tion“ in der Ukraine nan­nte Putin:

„Ukraine join­ing NATO is a direct threat to Russia’s secu­ri­ty.“
Er betonte, NATO-Erweiterung sei eine Bedro­hung und ver­wies auf „Ver­sprechen“, die nicht gehal­ten wor­den seien.

Gespräch mit BBC – BRICS-Gipfel (Okt. 2024)

Im Rah­men des BRICS-Tre­f­fens in Kasan sagte Putin deut­lich:

„NATO expan­sion vio­lates Russ­ian secu­ri­ty.“
Er stellte fest: „There is no jus­tice here and we want to change that.“

Gaben 1990 Außenminister Genscher und US-Außenminister James Baker Zusagen an Russland?

Das The­ma der ange­blichen Zusagen von Hans-Diet­rich Gen­sch­er (deutsch­er Außen­min­is­ter) und James Bak­er (US-Außen­min­is­ter) an die dama­lige Sow­je­tu­nion im Jahr 1990 ist his­torisch umstrit­ten – und hängt stark davon ab, ob man mündliche diplo­ma­tis­che Sig­nale oder schriftlich verbindliche Verträge betra­chtet.

Genschers Rede in Tutzing (31. Januar 1990)

  • Gen­sch­er sagte öffentlich: „Was immer im Warschauer Pakt geschieht, eine NATO-Erweiterung des Ter­ri­to­ri­ums nach Osten, das heißt, näher an die Gren­zen der Sow­je­tu­nion, wird es nicht geben.“
  • Gemeint war damals vor allem, dass die DDR nach ein­er Wiedervere­ini­gung keine NATO-Trup­pen sta­tion­ieren würde.
  • Die Sow­je­tu­nion inter­pretierte das als Sig­nal, dass auch andere Ost­block­staat­en nicht beitreten wür­den – das war jedoch nicht schriftlich fest­gelegt.

James Bakers Gespräch mit Gorbatschow (9. Februar 1990)

  • Bak­er soll Gor­batschow gesagt haben: „Not one inch east­ward“ („keinen Zoll nach Osten“),
    wenn Moskau der NATO-Mit­glied­schaft des wiedervere­inigten Deutsch­lands zus­timme.
  • Dieses Gespräch ist durch US-Archiv­doku­mente belegt (freigegeben 2017).
  • Wichtig: Bak­er sprach von NATO-Trup­pen­sta­tion­ierung in Ost­deutsch­land, nicht von ein­er generellen NATO-Erweiterung auf andere Län­der.
  • Der Satz wurde nicht in den Ver­trag über die abschließende Regelung in Bezug auf Deutsch­land (2+4‑Vertrag) aufgenom­men.

Warum es keine verbindliche Zusage gab

  • Es existiert kein völk­er­rechtlich binden­des Abkom­men zwis­chen der NATO/USA/BRD und der UdSSR, das eine NATO-Oster­weiterung auss­chließt.
  • Die Zusagen von 1990 waren Teil diplo­ma­tis­ch­er Gespräche in einem völ­lig anderen Kon­text (nur Deutsch­land­frage, Warschauer Pakt existierte noch).
  • Nach Auflö­sung der UdSSR (1991) wurde die Frage neu inter­pretiert – der West­en sah keine rechtliche Bindung, Moskau sah ein gebroch­enes Ver­sprechen.

Kurz gesagt

Ja – Gen­sch­er und Bak­er äußerten 1990 gegenüber der Sow­je­tu­nion, dass sich die NATO „nicht nach Osten aus­dehnen“ werde.
Nein – das war keine schriftliche oder all­ge­me­ingültige Garantie, son­dern bezog sich im Kern nur auf das Gebi­et der DDR nach der Wiedervere­ini­gung.

  • Gen­sch­er äußerte sich öffentlich über die NATO-Erweiterung: Er wollte Polen, Ungarn und andere Staat­en nicht automa­tisch aus der NATO auss­chließen, aber sprach sich für eine klare Erk­lärung gegen eine Aus­dehnung aus. Das war poli­tisch motiviert und blieb nicht verbindlich. WikipediaWikipedia
  • Bak­er for­mulierte gegenüber Gor­batschow ver­han­del­nd und hypo­thetisch eine Option zum NATO-Beitritt Deutsch­lands, bei der die Mit­glied­schaft mit “nicht einen Zoll” Erweiterung verknüpft war. Das war keine ver­tragliche Verpflich­tung, son­dern ein diplo­ma­tis­ches Ange­bot.

Richtigstellung der NATO zu Russlands Anschuldigungen


Die AfD und russische Narrative

Es gibt mehrere Gründe, warum die AfD in vie­len außen­poli­tis­chen Fra­gen Argu­men­ta­tion­s­muster auf­greift, die stark an rus­sis­che Nar­ra­tive erin­nern. Man kann das aus drei Per­spek­tiv­en betra­cht­en: ide­ol­o­gisch, strate­gisch und tak­tisch.

Ideologische Nähe

Skepsis gegenüber der NATO und den USA


Die AfD sieht west­liche Mil­itär- und Sicher­heit­spoli­tik oft kri­tisch, ähn­lich wie die rus­sis­che Staats­führung, die die NATO als Bedro­hung darstellt.

Nationalstaatliche Souveränität

Die AfD betont eine Poli­tik der “nationalen Inter­essen” und lehnt supra­na­tionale Bünd­nisse oder Ein­griffe von außen ab – das passt zu Moskaus Beto­nung ein­er „mul­ti­po­laren Wel­tord­nung“.

Konservatives Wertebild

In Teilen der AfD herrscht Sym­pa­thie für Rus­s­lands Selb­st­darstel­lung als „Vertei­di­ger tra­di­tioneller Werte“ gegen eine ange­blich „dekadente“ west­liche Gesellschaft.

Politische Strategie

Abgrenzung vom politischen Mainstream


Indem die AfD in der Rus­s­land­frage bewusst kon­trär zur Bun­desregierung und zu EU/­NA­TO-Mehrheit­slin­ien argu­men­tiert, unter­stre­icht sie ihr Image als „Alter­na­tive“

Bedienen russlandfreundlicher Wählergruppen

Beson­ders in Ost­deutsch­land gibt es his­torische, wirtschaftliche und kul­turelle Verbindun­gen zu Rus­s­land – die AfD nutzt diese Nähe.

Themenübernahme aus russischen Medien

Rus­sis­che Staatsme­di­en wie RT DE oder Sput­nik ver­bre­it­en Nar­ra­tive, die sich leicht in AfD-Kom­mu­nika­tion inte­gri­eren lassen (z. B. NATO-Oster­weiterung als Pro­voka­tion).

Taktische Gründe

Gezielte Provokation

Pro-russische Positionen erzeugen mediale Aufmerksamkeit und polarisieren.

Verwendung einfacher Erklärmuster

Komplexe geopolitische Entwicklungen werden auf klar erkennbare „Schuldige“ reduziert – oft der Westen bzw. die NATO.

Mögliche Einflussoperationen

Es gibt Hinweise, dass Russland versucht, europäische Parteien am rechten und linken Rand zu unterstützen, um die EU und NATO zu schwächen – die AfD wird in diesem Kontext immer wieder genannt, auch wenn direkte Beweise für eine systematische Steuerung rar sind.

Kurz gesagt:


Die AfD fol­gt rus­sis­chen Nar­ra­tiv­en, weil diese inhaltlich zu Teilen ihrer Weltan­schau­ung passen, strate­gisch der Abgren­zung dienen und tak­tisch zur Mobil­isierung ihrer Wäh­ler­schaft tau­gen. Das bedeutet nicht zwin­gend eine direk­te Steuerung durch Moskau – es ist oft eine Mis­chung aus ide­ol­o­gis­ch­er Schnittmenge, poli­tis­chem Kalkül und bewusster Pro­voka­tion.


Anlage

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