Q43-Wirtschaftlichkeit von AKWs
Tatsache ist, dass Kernkraftwerke sowohl in der Vergangenheit als auch heute durch starke staatliche Eingriffe mitfinanziert werden – entweder durch die Gewährleistung, den Strom staatlich abzunehmen, oder durch staatliche Subventionen und Kredithilfen.
Weiterhin sind in Ländern mit westlichen Sicherheitsstandards die Kosten für Neubauprojekte von Atomkraftwerken massiv gestiegen. Das zeigen hauptsächlich die aktuellen Neubauprojekte wie Hinkley Point C in Großbritannien: Die Kosten für den Bau von zwei Reaktoren wurden im Jahr 2016 noch auf 16 Milliarden Pfund geschätzt. Aktuell (im Jahr 2024) haben sich diese auf 32 Milliarden Pfund erhöht. Im Vergleich dazu sind die Kosten von erneuerbaren Energien in den vergangenen Jahrzehnten drastisch gefallen.

Zwischen 2010 und 2021 sind die weltweit gewichteten Stromgestehungskosten (Levelized Cost of Electricity, LCOE) für Solar um fast 90 Prozent zurückgegangen, bei konzentrierter Solarenergie und On-shore Windenergie um fast 70 Prozent und um 60 Prozent bei Offshore-Windenergie. Empirisch fundierte Vergleiche zeigen eine steigende Kluft zwischen den Stromgestehungskosten, zwischen neuen Atomkraftprojekten und erneuerbaren Energien.

Dazu kommen noch die Kosten für die Endlagerung Berücksichtigt man diese Kosten, ist Atomkraft eine der teuersten Möglichkeiten der Energieerzeugung. Mit dem schon angehäuften strahlenden Müll werden die heutige Gesellschaft und zukünftige Generationen belastet. Für die Entsorgung des Atommülls bezahlt der Steuerzahler vier Fünftel der Kosten. Die Gewinne streichen dagegen allein die Betreiber ein. Außerdem sind viele der alten Atomkraftwerke inzwischen abgeschrieben.
Atomkraft ist nicht sauber
Atomenergie wird oftmals das Image nachgesagt, CO₂-neutral oder nachhaltig zu sein — dabei ist genau das Gegenteil der Fall. Beim Betrieb der Atomkraftwerke selbst entstehen zwar weniger Emissionen als bei anderen Energieformen wie Kohle oder Gas, die Umweltbelastung bezieht sich jedoch auf den gesamten Kreislauf der Atomstromproduktion. Das betrifft den Neubau und Rückbau der Kraftwerke, den Prozess vom Uranabbau bis zur Brennelementherstellung, den Transport des Urans, der in allen Fällen importiert werden muss, sowie die Kühlung der Reaktoren mit Wasser und die Endlagerung des Atommülls. Bei letzterem verschieben sich die Probleme sogar weit in die Zukunft und belasten zukünftige Generationen mit einer schier unlösbaren Aufgabe: Den Atommüll eine Million Jahre sicher zu verwahren. Diese Prozesse sind über ihre gesamte Spanne hinweg Treibhausgas-intensiv, erfordern einen hohen Energieaufwand und stellen eine Belastung für Umwelt und Klima dar. Besonders die lange Bauzeit der Atomkraftwerke ist klimaschädlich und zeitintensiv: Im Durchschnitt beträgt die Bauzeit sechs bis acht Jahre, in der Realität sind viele Neubauprojekte, wie das AKW Hinkley Point C in Großbritannien, tatsächlich Bauruinen. Im Vergleich dazu wird beim Bau von Windkraftwerken und Solarparks zwar auch CO₂ ausgestoßen, erneuerbare Energien können jedoch viel schneller, effizienter und kostengünstiger Energie liefern. Und das ist nicht alles: Zur Reduzierung der Klimagase bis 2030 leisten Sonnen- und Windkraftwerke einen etwa zehnmal höheren Beitrag als Atomkraftwerke.
Atomkraft ist überflüssig
Auch wenn einzelne Länder wie China, Russland und Frankreich neue Atomkraftwerke bauen oder über den Neubau von AKW nachdenken: Atomkraft verliert im weltweiten Maßstab an Bedeutung. Das liegt zum einen am hohen Alter der bestehenden Kraftwerke von weltweit durchschnittlich rund 38 Jahren und somit einem tendenziell abnehmenden Anteil der Atomkraft. Zum anderen sind vermeintliche Innovationen kaum zukunftsfähig oder praktikabel. Als Hochphase der Atomkraft galten die 40er-70er Jahre: 1945 baute der Physiker Robert Oppenheimer die erste Atombombe, 1954 ging nahe Moskau das erste Kernkraftwerk der Welt in Betrieb. In den darauffolgenden Jahrzehnten wurden verschiedene Varianten zum Bau eines Atomreaktors ausprobiert: mit Wasser, Gas oder flüssigem Metall gekühlt, schnelle Brüter, Hochtemperatur- und Salzschmelze-Reaktoren. Durchsetzen konnten sie sich nicht. Aus heutiger Sicht vermeintlich „neue“ Reaktor-Konzepte der 4. Generation, wie die aktuell diskutierten Salzschmelzreaktoren oder SMR (Small Modular Reactors), wurden also bereits getestet, und schon damals haben sie sich nicht etabliert. Als beste technische Innovation galt der Leichtwasserreaktor, der heute am weitesten verbreitet ist. Seit Jahrzehnten sind wir deshalb an dem Punkt, an dem sich die aus technologischer Sicht bestmögliche Art, Atomenergie zu gewinnen, bereits durchgesetzt hat. In Aussicht gestellte technologische Innovationen von schon vor Jahrzehnten abgeschriebenen Entwicklungen sind wegen ihrer geringen Auswirkungen nicht zukunftsfähig und dienen eher dem Schein als einer wirklichen Renaissance der Atomkraft.
Atomausstieg funktioniert
Der deutsche Atomausstieg wurde 2011 nach dem Unfall in Fukushima von einer Koalition aus CDU/CSU und FDP beschlossen — unterstützt vom breiten gesellschaftlichen Konsens. Nach einem, aufgrund des Ukraine-Kriegs angeordneten, Streckbetrieb ist seit dem 15. April 2023 nun endgültig Schluss mit der Atomkraft in Deutschland. Stattdessen wurde der Weg für einen flächendeckenden Ausbau von erneuerbaren Energiekonzepten freigeräumt, mit denen gezielter, günstiger und effizienter Strom gewonnen werden kann. Mittlerweile entfällt über die Hälfte (59 Prozent) der Stromerzeugung in Deutschland auf erneuerbare Energieträger. Der Wegfall der Atomkraftwerke und somit des Atomstroms im vergangenen Jahr konnte in Deutschland also ohne Probleme mithilfe erneuerbarer Energien kompensiert werden. Aufgrund des fortschreitenden Ausbaus der Erneuerbaren wird Deutschland demnach langfristig Nettostromexporteur, trotz des Ausstiegs aus der fossilen Stromerzeugung. Und mittel- bis langfristig führen die zunehmenden Investitionen in erneuerbare Energien zu einem immer niedrigeren Strompreisniveau – und das ganz ohne Abhängigkeiten von Atomkraft oder fossilen Brennstoffen. Auch das Klima freut sich: Trotz des Atomausstiegs im letzten Jahr setzte sich der Trend sinkender CO₂-Emissionen weiter fort. Um eine klimafreundliche Energiewende umzusetzen und die weltweite Erderhitzung auf 1,5 Grad zu begrenzen, ist ein Atomausstieg nicht nur förderlich, sondern zwingend notwendig.
Aktuelle Bauprojekte
Mit dem neuen Kernkraftwerk Hinkley Point C wollte die britische Regierung eine neue Energie-Ära einläuten, die auf eine Renaissance der Atomkraft setzt. Doch jetzt verzögert sich die Fertigstellung, die Baukosten explodieren.